Anklageschrift

Leipzig, 2020, gebundene Ausgabe, A4, Künstler*innen »NSU-Komplex auflösen!«

Wir klagen an! Auf drei Tribunalen klagte das Aktionsbündnis NSU-Komplex auflösen! gemeinsam mit Betroffenen des NSU-Terrors und rassistischer Gewalt über 120 Verantwortliche im NSU-Komplex öffentlich an. Als Gegen-Anklagen zum staatlichen Narrativ offenbaren sie die Kontinuität von Rassismus in Deutschland. Diese gebundene Ausgabe umfasst erstmalig alle drei Anklagen der NSU-Tribunale (2017 Köln, 2018 Mannheim, 2019 Chemnitz/Zwickau).

Der NSU-Prozess wahr wohl der wichtigste politische Strafprozess der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Als geschredderte Akten und gesperrte Berichte des Verfassungsschutzes, große Erinnerungslücken und offensichtliches Lügen von Beamt*innen den Prozess bestimmten, entstand die Idee eines Gegen-Tribunals. Im Mittelpunkt der drei Tribunale standen die Betroffenen rassistischer und nazistischer Gewalt. Ihr migrantisch situiertes Expert:innen-Wissen um Rassismus, ihre Erfahrungen, ihr Leid und ihre Kämpfe wurden sichtbar und hörbar. Jahrelang wurden sie durch rassistische Vorurteile von Politik, Polizei, Verfassungsschutz, Justiz und Medien zu Täter*innen kriminalisiert. Die Bewohner*innen der Kölner Keupstraße (Nagelbombenanschlag des NSU 2004) bezeichnen diese mediale Stigmatisierung als „Bombe nach der Bombe“.

Auch heute lebt der „NSU als Netzwerk von Kameraden“ fort. Das gefällte Urteil im offiziellen NSU-Prozess gleicht einer Aufmunterung an Neonazis es dem NSU gleichzutun, was die Terroranschläge in Halle und Hanau, die Ermordung Walter Lübckes und des 15-Jährigen Arkan Hussein Kh. und die versendeten Drohmails des “NSU 2.0” verdeutlichen. Die Forderung nach Entnazifizierung bleibt unter dem Aufruf „Kein Schlussstrich!“ aktueller denn je.

2017 erhielt das Bündnis den Antonio-Amadeu-Preis.